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Willkommen in der Wirklichkeit

Es war richtig, dass die Stadt versucht hat, die Windräder im Wesertal juristisch zu verhindern. Über die Standorte unter der Schaumburg lässt sich streiten, ohne den Sinn, ja die dringende Notwendigkeit regenerativer Energien insgesamt in Frage zu stellen. Für Windkraft einzutreten, bedeutet nicht, sie überall zu begrüßen. Schon gar nicht im Windschatten der Weserberge.

Autor:

Frank Werner
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Zum Streiten indes gehört auch, das eigene Scheitern zu erkennen. Das Verwaltungsgericht hat nicht irgendein Urteil gegen Windräder gesprochen. Es hat die Verhinderungspläne der Stadt juristisch hingerichtet. Fast hätte der Richter sogar das Papier kritisiert, auf dem Stadt und Landkreis ihre Positionen formulierten. Und jetzt? Die letzten Trümpfe stechen nicht unbedingt am besten. Der Rote Milan, die Fledermäuse, römische Phantomkastelle, das sind Illusionswolken, die schnell verdampfen. Gegen das entlarvende Urteil zu Felde zu ziehen, ist so erfolgversprechend wie Orchideenzucht am Nordpol, nur teurer. Ein für allemal: Die Schlacht ist leider verloren. Der Rest ist Wahlkampf. Kaum jemand wagt auszusprechen, was eigentlich auf der Hand liegt: Die Stadt muss die Vorrangfläche für Windräder jetzt in Westendorf ausweisen. Dort, wo sich der Bau der Anlagen nicht verhindern lässt, können sie auch offiziell geplant werden. Das bewahrt vor neuen Standortdebatten, die ohne Vorrangfläche drohen. Es geht nur noch darum, die normative Kraft des Faktischen anzuerkennen und freizugeben, was ohnehin nicht mehr blockiert werden kann. Zur neuen Nüchternheit gehört auch, berechtigte Standortkritik nicht in grundsätzliche Verteufelung des sanften Energieträgers zu übersteigern. Wer Klimaschutz nicht als Gebot der Stunde begreift, reagiert zu spät, wer jeden Hügel rotorenfrei sehen möchte, vergisst in seiner Behaglichkeit, dass er einIdyll im Treibhaus schützt. Auch dank rot-grüner Förderpolitik trägt Windkraft inzwischen einen unersetzlichen Teil zum deutschen Energiemix bei. Angesichts des weltweit steigenden Energiebedarfs ist keine saubere Erzeugungsform verzichtbar: Jede Mühle, die sich dreht, macht fossile Klimakiller überflüssig. Die Zukunft der Windenergie freilich liegt nicht im Wesertal. Sie liegt off-shore, in der Nordsee. Wo die Windgunst größer und die Missgunst ihrer Gegner bedeutend kleiner ist.




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