Nach dem Tsunami: "Indienhilfe" sammelt 40 000 Euro für Projekte in Tamil Nadu
Schaumburger Spenden ermöglichen Bau von Schule und Kinderhort
Bad Nenndorf (gus).
Sieht man die Bilder, die anlässlich des Jahrestages der Tsunami-Katastrophe um die Welt gehen, klingt es unerhört, wenn man die Zerstörung in Asien als Start in eine bessere Zukunft begreifen soll. Genau das ist aber das Ziel einiger Europäer gewesen, die die todbringenden Wellen in unmittelbarer Nähe miterlebt haben: Die Gruppe um den Bad Nenndorfer Niels Schönfelder wollte langfristig Entwicklungshilfe leisten. Zeit, ein Fazit zu ziehen.
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Rudolf und Inge Schönfelder haben ihren Sohn, der in Südindien (Region Tamil Nadu) als Architekt arbeitet, von der ersten Stunde an unterstützt, als dieser im vergangenen Winter erklärte, sich für den Wiederaufbau der Dörfer Pudhukuppam und Ganapathichettykulam einzusetzen. Das Projekt "Indienhilfe" wurde ins Leben gerufen, der Organisation "children of the world united" angegliedert, ein Spendenkonto bereitgestellt. Zu Weihnachten hat sich das Ehepaar bei allen Beteiligten bedankt.
Freunde und Bekannte, die Grundschulen Apelern und Steinhude, die Berlin-Schule, die Polizei Bad Nenndorf sowie "der komplette Gerhard-Hauptmann-Weg" haben sich nach Worten Inge Schönfelders "ganz toll" an der Aktion beteiligt. 40
000 Euro seien zusammengekommen - "eine Summe, die alle unsere Erwartungenübertroffen hat", schreiben die Nenndorfer in ihrem Dankesbrief.
Nachdem dieärgsten Schäden repariert waren und die neuen Boote der Fischer in einem feierlichen Ritual zu Wasser gelassen worden waren, fasste die Gruppe von Europäern um Niels Schönfelder Maßnahmen ins Auge, die die indische Bevölkerung vor dem Weg in eine "Sackgasse" bewahren sollen. Wie Inge und Rudolf Schönfelder erklären, ist die Fischerei, die bisher die kärgliche Lebensgrundlage der Inder in den beiden Dörfern bildete, auf lange Frist ein Auslaufmodell. "Die Küste ist überfischt", so Rudolf Schönfelder. Große Kutter schnappen den kleinen Fischerbooten zunehmend die Meerestiere weg. Wie Niels Schönfelder schon zu Beginn der Hilfsaktion erklärt hatte, sind zudem skrupellose Händler schuld daran, dass die Fischer nur wenig Geld für ihre Ausbeute bekommen.
Also war das Ziel der deutsch-französischen Gruppe, den Indern zusätzliche Berufschancen zu bieten. Dass dazu Kinderhorte nötig sind, liegt in der Familienhierarchie vor Ort begründet: Die älteren Geschwister, so Inge Schönfelder, müssen eigentlich auf die jüngeren aufpassen. Mit fünf Jahren sollen die Jungen und Mädchen jetzt in den Kinderhort kommen, die Älteren können folglich die Schule besuchen. Das ist sozusagen das Kernprojekt.
Eine Ergänzungsschule soll Fünf- bis Zwölfjährigen die nötige Unterstützung für das Grundfach Englisch sowie bei Hausaufgaben geben. In den staatlichen Schulen seien Klassengrößen von bis zu 60 Kindern anzutreffen, körperliche Bestrafungen seien an der Tagesordnung. Eltern könnten ihren Kindern kaum helfen, da sie selbst des Englischen nicht mächtig sind und häufig nicht einmal lesen und schreiben können.
Für den Unterricht wurde nach zähen Verhandlungen eine alte Druckerei in Chennai (nahe Madras) angemietet. Es handle sich um eine Art Berufsschule, in der zunächst Informatik, Englisch, Schneidern, Sticken und andere Handarbeitstechniken gelehrt werden. "Eine für unsere Verhältnisse ungewöhnliche Kombination, die in Indien aber einen Arbeitsplatz garantiert", betonen die Schönfelders. Die Schulen wurden im August und Oktober eröffnet. Mit dem Kinderhort ist die Gruppe um Niels Schönfelder noch nicht ganz so weit - das nötige Bauland sei aber bereits gefunden, der Kauf so gut wie abgeschlossen.
Auchüber die Schulerziehung hinaus will die Gruppe den Indern unter die Arme greifen. Mittels biologischer Rückgewinnung wurde salzverseuchtes Land wieder fruchtbar gemacht. Zusätzlich können die Dorfbewohner jetzt eine Ambulanz mit westlicher Medizin und traditioneller "Siddha" nutzen. 500 Inder haben diese bereits in der ersten Woche besucht, täglich kommen 100 Patienten zu den kostenlosen Untersuchungen.
Mit den Spendengeldern werden die Betriebskosten von Schule, Ambulanz und Kinderhort gedeckt. Das Spendenkonto der Schönfelders bei der Sparkasse Schaumburg existiert noch. Spenden werden weiter gebraucht. Bankleitzahl: 255 514 80, Kontonummer: 550 22 82 82, Kennwort: Indienhilfe. Der aktuelle Stand der Arbeiten kann unter "www.edm-inde.org" verfolgt werden.