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Mit Füllboden kommen im Steinbruch die Probleme / Ein Vergleich

Schattenüber dem Paradies

Obernkirchen/Liekwegen (rnk). Für den Tier- und Naturschützer, der einen beträchtlichen Teil seiner Freizeit in den Schutz der Natur investiert hat, ist es ein Sommer des Vergnügens: Die Populationen der Gelbbauchunken und der Kreuzkröten haben sich prächtig entwickelt, in beiden Steinbrüchen krabbelt und schwimmt der Nachwuchs in allen Tümpeln und Gewässern.

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Dennoch gibt es Schatten im Paradies. Im Liekweger Steinbruch bedrohen gebietesfremde Arten, die Problem-Neophyten, künstlich angelegten Teiche und Tümpel. Etwa die Kanadische Goldrute, die sich auf Trockenrasen und Brachflächen stark ausbreitet. Die Verbreitung erfolgt durch Samen, Goldruten-Arten können bis zu 19 000 Samen pro Stängel produzieren. In Europa hat die Kanadische Goldrute kaum natürliche Feinde, während sich in ihrer Heimat Nordamerika etwa 290 Fraßinsektenarten von ihr ernähren. Im Steinbruch Liekwegen findet sie genauso wie ihre nahe Verwandte, die Spätblühende Goldrute, ideale Bedingungen vor, sie wächst und wächst und wächst. Das gilt auch für den Bastardklee und den Staudenknöterich. Während der Bastardklee durch Symbiose mit so genannten Knöllchenbakterien Luftstickstoff bindet und den Stickstoffreichtum auf nährstoffarmen Böden erhöht und somit für ein schnelles Zuwachsen der Flächen sorgt, ist der Knöterich einfach nur egoistisch: Er bildet sehr dichte Bestände, die die Verjüngung der Gehölze und krautiger einheimischer Pflanzen unterbinden. Die Bekämpfung gilt als sehr aufwändig. Das generelle Problem, so erklärt es Dr. Holger Buschmann, Artenschutzreferent des Naturschutzbundes Schaumburg, ist in Liekwegen der Boden: Er ist Füllboden besonders aus Gärten, der Steinbruch wurde nach dem Abtragen der Steine teilweise verfüllt, hier finden daher nicht nur 280 bisher von Buschmann gezählte Pflanzenarten ihren Lebensraum, sondern auch Problem-Neophyten, die in Gärten als Zierpflanzen gern gesehen werden. Wie aufwändig die Bekämpfung sein kann, erklärt Buschmann an einem Praxis-Beispiel. Die Naturschützer haben Boden mit Knöterich abgetragen und in eine nicht mehr genutzte Lagerhalle transportiert. Dort sollte er austrocknen, bis auch der letzte Knöterich die Wurzeln streckt. Vier Jahre, so erzählt Buschmann, "vier Jahre hat es gedauert, bis der Boden sauber war. Und der Knöterich hat sich nicht nur lange, sondern auch heftig gewehrt. Selbst durch die Mauern ist er nach außen noch gewachsen." Das größte Problem stellt indes die Robinie dar. Sie wurde ehemals wegen ihres besonders harten Holzes aus Amerika eingeführt und vermehrt sich nicht nur über viele Samen, sondern auch über die Wurzeln. Sie lässt sich kaum entfernen, der Baum wirft lange Schatten, die das Wasser in den Tümpeln so stark abkühlen, dass die Gelbbauchunke und Kreuzkröte sich hier gar nicht erst niederlassen. "Wir haben versucht, Robinien wegzuschlagen - ohne Erfolg, anschließend erscheinen Unmengen neuer Schößlinge aus den Wurzeln", so erklärt Buschmann. Das Wurzelwerk vollständig zu entfernen, sei indes äußerst schwierig. Die Robinie bedroht im Steinbruch die Biodiversität des Standortes: die Vielfalt der Arten. Grund dafür ist wie beim Bastardklee ihre Fähigkeit zur symbiotischen Stickstoffbindung, die einen Düngeeffekt hat und eine Veränderung der Artenzusammensetzung zur Folge haben kann. Ein Robinienbewuchs kann sehr schnell die Artenvielfalt deutlich reduzieren und das Artenspektrum hin zu ungefährdeten und weit verbreiteten Pflanzenarten verschieben. Dies geht einher mit einer starken Veränderung in der Tierwelt, zum Beispiel der Spinnen- und Laufkäferfauna. Im Steinbruch Obernkirchen stellt sich das Problem mit lästigen Neophyten übrigens bisher nicht: Dort wird kein fremder Boden verfüllt. Unken und Kröten leben und gedeihen dort im schattenfreien Paradies.

Neben der Kanadischen Goldrute ist kein Platz für andere Pflanzen. Fotos: rnk



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