Bündnis "Bad Nenndorf ist bunt" zieht Bilanz aus Demonstrationen vom Sonnabend
Neonazis als "Brauner Wanderzirkus"
Bad Nenndorf (rd).
Der erneute Aufzug von Rechtsradikalen am vergangenen Sonnabend in der Kurstadt hat unterschiedliche Gruppierungen auf den Plan gerufen. Diese hatten im Vorfeld seit Juni Aktionen gegen Antisemitismus und für die bessere Integration von Ausländern organisiert. Andere hatten sich zu einer groß angelegten Gegendemonstration zusammengefunden. Das lokale Bündnis gegen Rechtsextremismus, "Bad Nenndorf ist bunt", hat jetzt Bilanz gezogen.
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"Wieder haben Neonazis Bad Nenndorf während ihres ,Trauermarsches' mit Hetzparolen und ihrer Geschichtsverfälschung überzogen. Sie beschallten den Kurort in der Mittagszeit in einer Lautstärke, die ebenso wie die revanchistischen und demokratiefeindlichen Inhalte der Reden am Wincklerbad nur sehr schwer zu ertragen war", beklagt das Bündnis um dessen Sprecher Jürgen Uebel und Rosemarie Börner.
"Bad Nenndorf ist bunt" warnt vor weiteren Aufmärschen Rechtsradikaler für mindestens weitere drei Jahre. Denn bis 2010 seien bereits für jeweils Ende Juli Veranstaltungen angemeldet. "Teile des Ortes waren am Sonnabend über Stunden praktisch lahmgelegt, an vielen Stellen gab es kein Durchkommen", blickt die Gruppe zurück und befürchtet, dass sich diese Situationen bei Veranstaltungen des "herangekarrten braunen Wanderzirkus'" wiederholen. "Ohne Nazidemonstrationen gäbe es nicht die Gegendemos, keine Bahnsteigblockaden, Farbschmierereien und nicht das erhebliche Polizeiaufgebot." Dies schade dem Ansehen der Kurstadt bundesweit. Zudem wertet das Bündnis die Kundgebung der Neonazis am Wincklerbad als "Rechte Propagandaveranstaltungen", denn um Trauer gehe es diesen gewiss nicht. "Die von den Nazis geforderte ,Gedenktafel' lehnen wir kategorisch ab."
Bereits am Vorabend der Nazidemo positionierten sich viele Nenndorfer eindeutig. Die Bahnhofstraße wurde unter der Federführung der Jusos im Sinne von Toleranz und Demokratie mit Kreide bemalt, entlang der Aufmarschroute der Neonazis wurden Transparente über die Straße gespannt.
Kritikübt das Bündnis auch am Verlauf der Gegendemonstration. 450 Menschen hatten daran teilgenommen. Etliche Nenndorfer beteiligten sich in friedlicher Weise mit einem "Bad Nenndorf ist bunt"-Transparent. "Wir bedauern ausdrücklich, dass es zu unfriedlichen Szenen an der Spitze des Demonstrationszuges kam und die geplante Kundgebung vor dem Haus Kassel nicht stattfand", teilte das Bündnis mit. "Wir werden uns für kommende Gegenaktivität intensiv überlegen, wie solche Zwischenfälle verhindert werden können."
Enttäuscht sind die Organisatoren des Bündnisses auch davon, dass Politik und Verwaltung der Stadt und Samtgemeinde "keine klare Aussage gegen Rechtsextremismus abgegeben" haben. "Im vergangenen Jahr wurde vom Rat eine Resolution verabschiedet. Das ist dieses Jahr nicht geschehen. Wir hatten erwartet, dass die örtliche Spitze der Kommunalpolitiker deutlich Flagge zeigen würde", sagte Jürgen Uebel. "Wenn sich der Rat an die Spitze der Nazigegner gestellt und Verantwortung übernommen hätte, wäre das ein Signal für die Bürger gewesen."
Das Bündnis gegen Rechtsextremismus, das sich aus Mitgliedern von Jüdischer Gemeinde, Lokaler Agenda, Präventions- und Seniorenbeirat, Jusos, SPD-Samtgemeindeverband, WGL, Awo Schaumburg, DGB (Region Niedersachsen Mitte) sowie engagierten Einzelpersonen zusammensetzt, werde seine Aufklärungsarbeit fortsetzen. "Zumal da die NPD bei der Landtagswahl antritt und der Schulterschluss von NPD und militanten Neonazis auch in Bad Nenndorf deutlich vollzogen wurde."