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NRW-Ministerpräsident Rüttgers macht auf der Hochzeitshaus-Terrasse Wahlkampf für die CDU

„Mit Wachstum aus der Wirtschaftskrise“

Hameln. Die gelben Papierfähnchen will niemand haben, und auch „Unsere Kanzlerin“ liegt wie Blei. Ein müder Blick auf die Broschüre mit dem Konterfei von Angela Merkel, dann widmet man sich wieder dem Gespräch mit dem Nebenmann. Es ist kurz vor halb vier, die Sonne scheint auf den Marktplatz, und am Wahlkampfstand der CDU warten Kommunalpolitiker und Funktionsträger der Partei auf Jürgen Rüttgers. Auf den Bänken vor der Hochzeitshaus-Terrasse vollzieht sich ein Besucherwechsel. Mütter und Väter stehen auf, nehmen ihre kleinen Kinder an die Hand und setzen ihren Stadtbummel fort, die Eltern-Generation der Eltern nimmt ihren Platz ein und will hören, was der nordrhein-westfälische Ministerpräsident zu sagen hat.

Autor:

Brigitte Niemeyer
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Hameln. Die gelben Papierfähnchen will niemand haben, und auch „Unsere Kanzlerin“ liegt wie Blei. Ein müder Blick auf die Broschüre mit dem Konterfei von Angela Merkel, dann widmet man sich wieder dem Gespräch mit dem Nebenmann. Es ist kurz vor halb vier, die Sonne scheint auf den Marktplatz, und am Wahlkampfstand der CDU warten Kommunalpolitiker und Funktionsträger der Partei auf Jürgen Rüttgers. Auf den Bänken vor der Hochzeitshaus-Terrasse vollzieht sich ein Besucherwechsel. Mütter und Väter stehen auf, nehmen ihre kleinen Kinder an die Hand und setzen ihren Stadtbummel fort, die Eltern-Generation der Eltern nimmt ihren Platz ein und will hören, was der nordrhein-westfälische Ministerpräsident zu sagen hat. „Herr Rüttgers verspätet sich zehn Minuten“, bittet Thorsten Kellner das Publikum um Verständnis. Keiner murrt, zumal die „Royal Garden“-Jazzer die Wartezeit mit eingängiger Dixieland-Musik überbrücken.

Rüttgers kommt 30 Minuten zu spät; seinen Weg durch die Fußgängerzone kann er unbehelligt zurücklegen, bei seinem Erscheinen auf der Hochzeitshaus-Terrasse wird er mit freundlichem Applaus begrüßt. Zuerst einmal macht der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU Deutschland Wahlkampf für den hiesigen Bundestagskandidaten: „Wählen Sie Hans Peter Thul; Sie können sich selbst keinen größeren Gefallen tun.“ Dann wird Rüttgers bundespolitisch: „Es geht in diesem Wahlkampf um eine Richtungsentscheidung“ bei der Bewältigung der Krise. Auch wenn „die Große Koalition einen Job gemacht hat, der sich sehen lassen kann“, sei die Zeit der Gemeinsamkeit mit der SPD jetzt vorbei. Die CDU setze auf Wachstum, auf eine „Wirtschaft, die investiert und Gewinne macht“. Die SPD dagegen auf einen Kanzler Steinmeier, der von sich sage, er schaffe vier Millionen neue Arbeitsplätze. „Den Politiker möchte ich mal kennenlernen, der das schafft“, sagt Rüttgers und legt dann noch nach: „Arbeitsplätze schafft nur die Wirtschaft.“ Die Grünen kriegen in diesem Zusammenhang auch gleich noch ihr Fett weg („Dass die gegen Wachstum sind, ist ja hinlänglich bekannt“). Damit hat es sich dann aber auch mit der Gegner-Schelte.

Statt dessen schimpft Rüttgers auf jene Banker, die nichts aus der Finanzkrise gelernt hätten, und heute schon wieder Roulette spielten. Um diesem Gebaren einen Riegel vorzuschieben, brauche es neue Regeln für die internationalen Finanzmärkte. Seine Forderung: Wer Finanzprodukte verkauft, die er selbst nicht mehr versteht, „muss mit eigenem Geld haften“. Seine Überzeugung: Wenn die Banken in solche Geschäften mehr Eigenkapital einbringen müssten, wären sie vorsichtiger. Von einer Behörde, die die Finanzmärkte kontrolliert, hält Rüttgers offenbar nichts. Bis die merke, dass da etwas aus dem Ruder läuft, sei das Kind längst in den Brunnen gefallen. Sollten die USA und Groß-Britannien sich neuen Regeln widersetzen, dann müsse sich „Euroland“ trotzdem dazu entschließen, sagt Rüttgers. Die Sorge, dass dann Kapital abwandert, teilt er nicht: „Das Geld geht dahin, wo es Sicherheit gibt, nicht dahin, wo es die größte Rendite bringt.“

Über Steuererleichterungen verliert der nordrhein-westfälische Regierungschef kein Wort. Und er lässt die Frage unbeantwortet, wie es einer Regierung mit CDU-Beteiligung gelingen soll, den Haushalt zu konsolidieren, indem die „Ausgaben zurückgefahren werden und gleichzeitig in Zukunft, das heißt in Bildung, Forschung und Infrastruktur investiert wird“.

Konkret dagegen sein Vorschlag für Veränderungen an der Hartz-IV-Gesetzgebung: Es dürfe nicht länger sein, dass Alg-II-Empfänger, die Gespartes fürs Alter zurückgelegt haben, schlechter gestellt sein als jene, die keine Vorsorge getroffen haben. Dafür erntet er genauso Beifall wie für seine unbestimmte Forderung, auch „die Arbeitnehmer müssen teilhaben an dem, was gemeinsam erarbeitet wurde“.

Und was er unter erarbeiten versteht, macht Rüttgers dann ebenfalls deutlich: „Es muss in Deutschland weiter eine industrielle Produktion geben.“ Nur mit Geld Geld zu verdienen – davon halte er nichts. Viel dagegen von „harter, ehrlicher Arbeit“, bei der Menschen Produkte entwickeln und bauen, die verkauft werden können. „Das können dann auch die umweltfreundlichsten Produkte werden“, wie etwa Kohlekraftwerke. So umweltfreundlich wie die in Deutschland entwickelten gebe es sonst nirgends auf der Welt, und die „umweltfreundlichsten Autos produzieren wir auch“, so der „überzeugte Europäer“ Jürgen Rüttgers.

Die rund 250 Zuhörer – nach Einschätzung eines heimischen Christdemokraten „zu 80 Prozent CDU-Mitglieder“ – spenden noch einmal artig Applaus. Auf dem kurzen Weg zum Hochzeitshaus, wo Rüttgers sich ins Goldene Buch der Stadt Hameln einträgt, bleibt er einen Moment stehen und gibt Autogramme. Wenige Minuten später kehrt auf dem Markt wieder der Alltag ein.




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