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Die Welt zu Hause in Schaumburg: Serie zur Fußball-WM / Yaw Gyamerah sieht Deutschland im Endspiel

Heute kann Ghana Fußballgeschichte schreiben

Stadthagen. "Wenn Ghana spielt, dann schlägt mein Herz natürlich für mein Heimatland, aber sonst bin ich ein Fan der deutschen Nationalmannschaft", sagt der 41-jährige Stephen Gyamerah aus Stadthagen. Er erwartet die Deutschen im Endspiel und hofft, dass sie dort auf England oder Holland treffen und sich durchsetzen. "Quatsch", sagt sein elfjähriger Sohn Jan. Er ist davon überzeugt, dass Holland Weltmeister wird.

Kerstin Lange

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Kerstin Lange Redakteurin zur Autorenseite
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Fußball ist bei den "Männern" der vierköpfigen Familie Gyamerah ein heißes Thema. "Wenn ich nicht arbeiten muss, dann schaue ich jedes Spiel", sagt Stephen Gyamerah und outet sich als großer Fußballfan. "Fanatisch bin ich aber nicht", stellt er klar. Die 0:2-Niederlage Ghanas gegen Italien hat der Westafrikaner gelassen hingenommen. "Ghana hat ein riesiges Stürmerproblem. Alle haben gegen Italien versagt", stellt er fest. Allerdings dürfe man nicht vergessen, dass Ghana sich zum ersten Mal für die WM qualifiziert hat, und allein das sei schon ein großer Erfolg gewesen. Umso begeisterter hat die Familie Gyamerah denüberraschenden 2:0-Erfolg im zweiten Gruppenspiel gegen Tschechien gefeiert. Und heute geht es für das kleine afrikanische Land um alles: Mit einem Sieg über die USA könnte der WM-Neuling den Einzug ins Achtelfinale schaffen - rein rechnerisch sogar mit einem Unentschieden, immer vorausgesetzt,Italien gewinnt gegen Tschechien. In Stadthagen werden jedenfalls die Daumen gedrückt. "Fußball hat in Ghana einen hohen Stellenwert, und in Afrika hat unser Land fußballerisch einen großen Namen", erzählt Gyamerah. Allerdings gebe es in dem armen Land keine Jugendarbeit, keine Vereine und keine besondere Förderung für den Nachwuchs. "In Ghana wird in den Schulen Fußball gespielt. Es gibt Ligen von der Grundschule bis zum Gymnasium", berichtet Gyamerah. Das Interesse der Jugend am Fußballspielen sei sehr groß. "Die jungen Menschen haben entdeckt, dass Fußballspielen ihnen eine finanzielle Zukunft sichern kann", erklärt Gyamerah. Kürzlich sei auch eine private Fußballschule aufgemacht worden. "Aber die kann sich natürlich kein Dorfbewohner leisten", bedauert der Westafrikaner. Yaw, so lautet der Name des Afrikaners in der Ewe-Sprache, ist 1989 nach Deutschland gekommen, um in Berlin Maschinenbau zu studieren. "Eigentlich wollte ich lieber nach England oder in die USA, aber da in Deutschland das Studium kostenlos ist, habe ich mich schließlich dafür entschieden, an der Technischen Universität Berlin zu studieren." Eine Entscheidung, die er bis heute nicht bedauert hat, denn er fühlt sich in seiner neuen Heimat wohl. Nach einem sechsmonatigen Sprachkurs in Aachen begann er das Studium in Berlin und lernte dort seine spätere Frau Kirsten kennen, die er 1995 heiratete. Kurz darauf wurde Sohn Jan geboren. "Unsere Kinder haben aber auch einen afrikanischen Namen", sagt Gyamerah stolz. Jan heißt "Kwasi". "Bei uns bekommen die Kinder den Namen des Wochentages, an dem sie geboren sind", erklärt der Vater. Jan habe an einem Sonntag das Licht der Welt erblickt, und da er ein Junge sei, habe er den Namen "Kwasi" erhalten. Tochter Yvonne wurde vor drei Jahren in Stadthagen geboren, und zwar an einem Freitag. Sie trägt den Ewe-Namen "Afua". In Stadthagen lebt die Familie seit April 1999. Damals bekam Stephen Gyamerah eine Stelle als Konstrukteur bei der Firma Faurecia. In dem Haus an der Schachtstraße deuten zahlreiche afrikanische Figuren auf die Herkunft des Familienvaters hin. Die deutsche Staatsbürgerschaft will Stephen Gyamerah nicht beantragen. "Solange meine Eltern noch in Ghana leben, möchte ich zu jeder Zeit zu ihnen reisen können, ohne vorher ein Visum beantragen zu müssen", erklärt er.

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