Landkreis (rd).
Die niedersächsische CDU soll ihren Widerstand gegen weitere Gesamtschulen im Schaumburger Land aufgeben. Das hat der Kreisvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Friedrich Lenz, gefordert. Zudem müsse das so genannte dreigliedrige Schulsystem angesichts "der Abstimmung mit den Füßen gegen die Hauptschule" abgeschafft werden.
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Der "elegante Verweis des Kultusministeriums", so Lenz ironisch, auf die Möglichkeit einer Erweiterung der bestehenden IGS Schaumburg stelle angesichts des weit darüber hinaus gehenden Bedarfs keine Sachlösung dar. Zudem wäre eine Konzentration der IGS allein auf den Standort Stadthagen schon aufgrund ihrer Konsequenzen für den teuren Schülertransport wenig sinnvoll, argumentiert der GEW-Chef.
Laut Lenz spiegelt die Schaumburger Entwicklung "wie in einem Brennglas" die bundesweite Problematik wider. Demzufolge leide die Hauptschule unter einer "Abstimmung mit den Füßen", also der Entscheidung der Eltern, ihre Kinder unabhängig von der Empfehlung der Lehrer zumindest auf den nächsthöheren Schultyp zu schicken. Dieser Trend halte seit Jahren ungebrochen an und drohe, verstärkt durch den mittelfristigen allgemeinen Rückgang der Schülerzahlen, geradezu zu einer Ausdünnung dieser Schulform zu führen.
Nach Einschätzung von Lenz bezahle die Landesregierung nun die Rechnung für ihre Entscheidung, "bei Regierungsantritt die von der SPD-Vorgängerregierung beschlossene Abschaffung der Orientierungsstufe und die Wiedereinführung der Selektion der Schüler nach der Grundschule unkritisch übernommen zu haben". Die dadurch erfolgte Wiederherstellung des dreigliedrigen Schulsystems sei von Anbeginn wenig zukunftstauglich gewesen, da es in Verkennung der tatsächlichen Vorlieben der Schüler- und Elternschaft "starr an einem liebgewonnenen, aber von der Wirklichkeit längst überholten schulpolitischen Bild festgehalten" habe.
Aktuelle Entwicklungen wie in Schleswig-Holstein, Hamburg und Berlin wiesen eindeutig darauf hin, so Lenz weiter, dass "auch in CDU-Kreisen der Abschied von der Dreigliedrigkeit längst angedacht wird und die Realität somit zu neuer geistiger Beweglichkeit geführt hat, die alte Tabus zumindest teilweise bricht". Wie die hiesige CDU zu glauben, durch eine Optimierung der Förderungsmöglichkeiten im Rahmen der bestehenden Strukturen die Hauptschule zu bewahren, führt nachMeinung von Lenz ins Leere. Es habe seit Jahrzehnten immer wieder Initiativen zur Stärkung der Hauptschule gegeben, bloß hätten sie den Trend nicht umgekehrt.
Gerade das jüngste Beispiel aus Baden-Württemberg, einem Bundesland, dessen Schul- und Bildungspolitik von der Landesregierung offenbar aufmerksam studiert werde, zeige, dass der Sinn solcher Rettungsaktionen inzwischen selbst bei betroffenen Hauptschulleitern bezweifelt werde. Dort hätten vor kurzem hundert Schulleiter und Schulexperten in einem Offenen Brief an das Kultusministerium die Abschaffung des gegliederten Schulwesens gefordert, "wobei davon ausgegangen werden kann, dass dieser Personenkreis nicht konspirativ auf Geheiß der GEW agierte".