Alltagssünden im Verkehr, die wohl jeder schon mal begangen hat / Top: Parktickets weiterverschenken
Es ist eben bequemer, bei Jet links abzubiegen
Rinteln (wm).
Jeder begeht sie, manchmal unwissentlich, oft aber, weil es bequem ist oder schneller geht. Gemeint sind die Alltagssünden im Verkehr.
Es gibt Situationen, die typisch sind für Rinteln. So ärgert sich Fahrlehrer Heinz Radler jeden Tag darüber, dass Autofahrer nicht - wie vorgeschrieben - bei Grünpfeilen und roter Ampel stoppen und dann erst losfahren, wenn sie sich vergewissert haben, dass die Straße tatsächlich frei ist. "Machen das meine Fahrschüler korrekt, wird hinter uns gehupt und gedrängelt."
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"Missverständnisse" sind auch an der Einmündung der Schulstraße in die Ostertorstraße an der Tagesordnung. Da gibt es Autofahrer, die stoppen und - gemäß der Regel rechts vor links - zuerst Autofahrer aus der Schulstraße einbiegen lassen. Andere fahren durch und gehen davon aus, dass der Autofahrer inder Schulstraße anhält, weil er aus einem verkehrsberuhigten Bereich kommt.
Wer hat nun Recht? Das sei ein "heißes Eisen", räumt Gerhard Bogorinsky, Leiter des Polizeikommissariats, ein. Weil das Schild, das das Ende des verkehrsberuhigten Bereiches signalisiert, gut zehn Meter vor der Einmündung steht, ist die Schulstraße, da wo sie auf die Ostertorstraße trifft, kein verkehrsberuhigter Bereich mehr: Ergo gilt hier rechts vor links. Das bestätigt auch Erster Stadtrat Jörg Schröder. Das Schild stehe an der Ausfahrt des Parkplatzes, dahinter beginne die 30-Zone bis zur Ostertorstraße.
Autofahrer, vor Ort darauf angesprochen, reagierten stur: Der Bürgersteig sei abgesenkt, die Schulstraße bis zur Einmündung wie ein verkehrsberuhigter Bereich ausgebaut.
Eindeutig ist die Situation an der Engen Straße: Hier endet der verkehrsberuhigte Bereich an der Einmündung - das heißt, wer einbiegen will, muss warten.
Es gibt allerdings auch Situationen, die laden gerade dazu ein, die Regeln zu ignorieren: Beispiel Jet-Tankstelle an der Konrad-Adenauer-Straße. Hier ist es verboten, von der Umgehungsstraße kommend, links abzubiegen, aber (fast) jeder tut es.
Beispiel Weserbrücke: Trotz Schilder, Fahrbahnmarkierung und motzenden Fußgängern, es wird weiter hartnäckig auf der "falschen" Seite geradelt. Und das hat auch damit zu tun, dass die Verkehrsführung für Radfahrer unlogisch ist. Wer vom Weserfernradweg kommt und am Weserangerbad abbiegt, wird nicht die Bahnhofsstraße überqueren, um auf der "richtigen" (der rechten) Seite in die Innenstadt zu kommen.
Beispiel Fußgängerzone: An Sonntagen wird die Fußgängerzone von Motorrädern regelrecht zugeparkt. Die Ledergestalten erzählen es gerne jedem, der es wissen will, warum - Originalzitat: "Damit nicht jeder Idiot meine Harley betatscht, klar!" Und stolze Eigner edler 1000-Euro-Räder auf Weserradwegtour, also mit Gepäck unterwegs, haben noch den Spruch ihres Fachverkäufers im Ohr: "Stellen Sie ihr Rad nie weiter als eine Armlänge entfernt ab".
Da schaut auch mal das Auge des Gesetzes darüber hinweg. "Wir schreiten nur ein", so Bogorinsky, "wenn es Gefahren für andere Radler oder Fußgänger gibt".
Auf der Landesstraße von Exten nach Hohenrode gehören Rennradfahrer-Pulks an Wochenenden zum gewohnten Anblick. Die radeln nicht auf dem neu angelegten Radweg, sondern selbstverständlich auf der Straße - meist zu zweit nebeneinander. Bogorinsky differenziert: Handle es sich um eine "ausgewiesene Trainingsfahrt eines Vereins" - zu belegen mit einer entsprechenden Bescheinigung - sei das erlaubt.
Überhaupt die Sünden der Zweiradfahrer: Mountainbiker, die nachts ohne Licht unterwegs sind, Jungs mit zugestöpselten Ohren, den iPod in der Brusttasche, die kein warnendes Hupen mehr hören.
Dann noch so eine Alltagssünde, die Fahrlehrer Radler jeden Tag auf die Palme bringt: Kaum ein Autofahrer nehme den Fuß vom Gas, wenn an einer Bushaltestelle ein Omnibus mit eingeschalteter Warnblinkanlage stehe: "Macht das ein Fahrschüler in der Prüfung, ist er durchgefallen." Und zu blinken, wenn man rechts abbiegt, scheint aus der Mode gekommen zu sein. Der Taxiunternehmerin Christine Pohl fällt naturgemäß auf, dass vor allem in der Mühlenstraße vor dem Ärztehaus der Taxistand zugeparkt ist, gleiches erlebe sie am Bahnhof wie am Pferdemarkt. Ist alles dicht an der Büntekreuzung, werde oft "zweispurig" nach links in die Innenstadt abgebogen mit der Folge, dass Autofahrer, die aus Richtung Bahnhof kommen, kaum eine Chance haben, sich einzufädeln.
Auch Rintelns Politessen können von Alltagssündern ein Lied singen: Es gehört unter Autofahrern zum guten Ton, Parktickets, die noch nicht abgelaufen sind, weiterzureichen, Parkzeit zum Nulltarif. "Wir tolerieren das", räumt Erster Stadtrat Jörg Schröder ein, "obwohl es nach den Buchstaben des Gesetzes nicht korrekt ist, aber es geht ja in erster Linie darum, "Bewegung auf den Parkplatz zu bringen".
Und es gibt Sünder, die sind gar keine: Eine Politesse wollte jüngst einen Autofahrer verwarnen, der seinen Wagen auf einem Parkplatz für Behinderte abgestellt hatte - ohne Ausweis. Der bot der Politesse an, er werde gerne die Hose ausziehen - dann sehe sie sein Holzbein.
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Ärgerlich: Stühle, am Radständer festgekettet - wer soll hier noch parken?