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Naturkundliche Wanderung zum "Vogel des Jahres" / Wie der Mensch den Tieren helfen kann

Die Turmfalken leiden unter Wohnungsnot

Schoholtensen (rnk). Nach ein paar hundert Metern Wegstrecke ist das Wanderziel eigentlich schon erreicht: Hoch obenüber den Köpfen, da schwebt er, der Vogel des Jahres. Damit nicht genug: Der Turmfalke ist nicht allein, er hat Mitte März schon eine Partnerin gefunden, mit der er eine Familie gründen wird.

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Selten ist er nicht, der Vogel des Jahres. Im Auetal ist er auf Schritt und Tritt anzutreffen, hat den Auebereich ebenso zu seiner Heimat erkoren wie den Bereich entlang der Straßen zwischen Rehren und Altenhagen: Turmfalken sind recht anpassungsfähig und daher in unterschiedlichen Landschaften zu finden. Wo Wiesen und Felder noch traditionell genutzt werden, wo der Einsatz von Pflanzen - und Insektenschutzmitteln nicht bereits der Vielfalt der Arten den garaus gemacht haben, wo am Ackerrand noch blühender Saum steht und Feldgehölze die Landschaft gliedern, dort findet der Turmfalke alles, was er braucht. "Es geht auch gar nicht darum, einen ,möglichst seltenen Vogel durch die Wahl in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stellen", erklärt Marc Jameson, der dieWanderung in Schoholtensen ausgearbeitet hat und die gut ein Dutzend Teilnehmer führt. Vielmehr solle das Bewusstsein für die Schutzbemühungen geschärft werden. Der Turmfalke baut nämlich kein Nest, sondern nutzt die von Schleiereulen oder Krähen sowie Mauerlöcher in Hausfassaden. Doch der mauerglatte Neubau-Boom der letzten Jahrzehnten bietet keine Löcher mehr an - und dem Turmfalken fehlt eine Nistmöglichkeit. Auf einen anderen Aspekt weist Gerd Meier, Auetaler Naturschützer der ersten Stunde, hin: Man müsse nicht erst warten, bis ein Vogel in seinem Bestand gefährdet sei, um ihn als Vogel des Jahres auszuzeichnen. Meier verweist beim Spaziergang durch Schoholtensen und die Gemarkung Wiersen auf die Schleiereulenerfahrungen der letzten Jahre: Weil der Mensch die Mäuse mit Gift bekämpfe, gelange das Gift in den Kreislauf der Eulen. Die Folge: Die Zahl der Tiere sinkt. Die Nachhaltigkeit bei der Wahl zum Vogel des Jahres betont auch Friedel Rädecker, seit einem Vierteljahrhundert Nabu-Mitglied und in diesen Tagen viel in Sachen Turmfalke unterwegs. Jeden Monat, so erzählt der Hamelner Experte, halte er zu diesem Thema einen Vortrag, damit der Mensch begreife, dass die Nachhaltigkeit in der Natur eine große, zentrale Rolle spielt. "Es geht auch gar nicht um einen einzelnen Vogel, den man als Vogel des Jahres herausstellt, sondern um die Lebensräume, die in Gefahr sind", erzählt der Hamelner auf Anfrage. Gerade beim Turmfalken würden die Lebensräume kleiner werden: Immer mehr Kirchtürme würden als Brutstätte wegfallen, weil die kleinen Fenster und Nischen geschlossen werden würden (worunter auch Fledermäuse und Eulen leiden würden), immer stärker würde der Nachwuchs durch den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft dezimiert. Wer sich näher für den Vogel des Jahres interessiert: Am 30. März referiert Rädecker im Natur- und Umweltschutzzentrum in Hameln am Berliner Platz 4, Beginn ist um 18 Uhr. Wie kann der Mench dem Turmfalken helfen? "Durch Nistkästen" erklärt Marc Jameson. Wenn Zugänge an Kirchtürmen versiegelt und Altbauten bei der Sanierung hermetisch abgeschlossen würden, dann herrsche Wohnungsnot für den Turmfalken. Und in diesem Fall nehme er gern das passende Nistkästchen an. Da die geschlossenen Kästen den Jungvögeln zudemdie größte Sicherheit bieten würden, sei zudem der Zuchterfolg am höchsten. Im Auetal wird Marc Jameson den Turmfalken auch dann noch im Auge behalten, wenn der nächste gefiederte Freund Vogel des Jahres wird. Die höchst positiven Erfahrungen der Turmfalkenwanderung am letzten Wochenende haben den 17-Jährigen bewogen, im nächsten Monat erneut eine Wanderung anzubieten. Dann wird es rund um den Steinbruch Obernkirchen gehen, im Mittelpunkt stehen dann die Nadelspezialisten wie Tannenhäher oder Kleiber.




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