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Zwischenlager-Klagen zurückgenommen / Genehmigung für Grohnder Castor-Halle rechtskräftig

"Die Chance zu gewinnen war zu gering"

Grohnde/Lüneburg (ube). Die Nachricht kamüberraschend: Helmut Sobottka vom Marienhof in Esperde und Rüdiger Mehner aus dem Rintelner Ortsteil Hohenrode haben die Notbremse gezogen und ihre Klagen gegen die Bundesrepublik Deutschland - vertreten durch das Bundesamt für Strahlenschutz - zurückgenommen. Damit wird es einen "juristischen Grundsatzstreit" (O-Ton Oberverwaltungsgericht in Lüneburg) um das Zwischenlager am Kernkraftwerk Grohnde nicht geben. Die behördliche Genehmigung sei "rechtskräftig und unanfechtbar geworden", sagte der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Ulrich Wollenteit, der Sobottka und Mehner vertrat.

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Eigentlich wollte der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg heute erstmals über eine Zwischenlagergenehmigung entscheiden. In dem Verfahren, so Richter Dr. Jürgen Rettberg, sollten auch "Fragen der Reichweite der Klagebefugnis in der vorliegenden Konstellation, der Rechtsgrundlage der Genehmigung, der Bewertung von Störfällen und von denkbaren terroristischen Angriffen eine zentrale Rolle spielen". Die Entscheidung werde Erkenntnisse auch für das noch anhängige Parallelverfahren bringen, "welches das Zwischenlager Rodenkirchen (Kernkraftwerk Unterweser) betrifft", hoffte das OVG noch vor wenigen Wochen. Richter Dr. Rettberg sagte gestern im Gespräch mit der Dewezet, dem OVG sei nicht bekannt, aus welchen Gründen die Klagen zurückgenommen worden sein. Helmut Sobottka begründete den Schritt so: "Wir haben die finanziellen Risiken gegen die Chancen abgewogen." Mitglieder einer Bürgerinitiative hatten den Klägern den Rücken gestärkt. "Wir haben darüber gesprochen und den einstimmigen Beschluss gefasst, die Sache nicht weiter zu verfolgen", sagte Sobottka gestern. Der Widerstand gegen die Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz ist teuer - bislang sei eine fünfstellige Summe, finanziert aus privater Hand, aufgebracht worden, sagte Sobottka. "Die Chance, zu gewinnen, war zu gering. Und die finanzielle Risikobereitschaft in der Region nicht groß genug." Rechtsanwalt Dr. Ulrich Wollenteit führt noch weitere Gründe auf: Einer der Kläger habe "einen gewichtigen persönlichen Grund, aufzuhören". Außerdem sei der Eindruck entstanden, "dass die Unterstützung aus der Region nicht mehr vorhanden ist". Zudem seien die Prozesskostenrisiken beträchtlich. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hatte erst im Juli darauf hingewiesen, dass dessen Genehmigungen laut Gerichtsbeschlüssen aus dem Vorjahr dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechend erteilt worden sind. Bis Ende 2003 hatte das BfS zwölf Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente an Kraftwerksstandorten genehmigt, die teilweise - wie seit April 2006 in Grohnde - schon in Betrieb gegangen sind. Laut Bundesamt wurden 2006 alle Klagen gegen die vom BfS erteilten Genehmigungen für die in Bayern gelegenen dezentralen Zwischenlager Grafenrheinfeld, Gundremmingen und Isar abgewiesen. Dies gelteauch für die Klagen gegen die Genehmigungen für die Zwischenlager Krümmel und Brunsbüttel im Januar 2007 vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht, hieß es. Revision sei zugelassen worden, um eine Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht zu ermöglichen, so das Bundesamt seinerzeit. Was Helmut Sobottka besonders bedenklich findet: Dr. Bruno Thomauske, der bei dem Erörterungstermin zum Zwischenlager Grohnde 2001 in Hameln als Verhandlungsleiter des Bundesamtes für Strahlenschutz und damit für die atomrechtliche Genehmigungsbehörde am Tisch saß, "hat die Seiten gewechselt". Physiker Thomauske ist seit 2003 Technischer Geschäftsführer bei dem Unternehmen Vattenfall. "Das ist uns allen schlecht aufgestoßen, hat uns zunächst darin bestärkt, zu klagen", sagte Sobottka gestern - und fügte hinzu: "Dieser berufliche Werdegang ist schon etwas anrüchig."

Castor-Zwischenlager für bestrahlte Uran- und Mischoxidbrennelemente am Kernkraftwerk Grohnde.



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