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Jede Menge Arbeit für Bauhof und Bürger nach sintflutartigen Regenfällen / Freibad auch heute noch geschlossen

"Den Geruch bekommt man tagelang nicht aus dem Haus"

Rolfshagen/Borstel (la). Der Starkregen hat am Dienstag innerhalb von wenigen Minuten in Rolfshagen und Borstel die Straßen und zahlreiche Keller überschwemmt. "Das ist jetzt das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit, dass bei uns der gesamte Keller, der Schuppen und der Garten von Schlammmassen bedeckt wurden. Wir hatten gerade alles fertig, und jetzt fangen wir wieder von vorne an", ärgerte sich Marion Horstmeyer aus der Rolfshagener Straße und zeigte auf ihren Ehemann Andre, der dem Schlamm im Schuppen mit dem Hochdruckreiniger zu Leibe rückte.

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Die Mitarbeiter des Bauhofs der Gemeinde Auetal hatten eine kurze Nacht. Bereits am Dienstagnachmittag, als sich die Regenkatastrophe ankündigte, hatten sie die Regenrückhaltebecken kontrolliert und die ersten Hochwasserschilder in Rolfshagen in der Straße "Die Reihe" aufgestellt. Danach waren sie pausenlos im Einsatz, um Kanäle freizulegen. Bis in die Nacht hinein waren sie auch im Freibad am arbeiten. Hier waren die Schlammmassen vom Hang in die beiden Nichtschwimmerbecken gelaufen, und auch das große Schwimmerbecken drohte mit der braunen Brühe vollzulaufen. Hier konnten die Mitglieder der Feuerwehr und der DLRG durch ihre schnelle Hilfe aber das Schlimmste verhindern. Allerdings sind der Technikraum und der Schwallwasserbehälter voll Schlamm gelaufen. "Bevor der Behälter nicht gereinigt ist, können wir die Nichtschwimmerbecken nicht wieder füllen. Außerdem muss das Schwimmerbecken gereinigt werden, da dort auch etwas Matsch reingeflossen ist", sagte Schwimmmeisterin Andrea Jagata. Bis morgens um 3 Uhr hat sie gemeinsam mit den fleißigen Helfern den Schlamm aus den beiden Nichtschwimmerbecken entfernt. "Die Masse verdichtet sich so stark, dass man sie nicht wegbekommt, wenn sie erst ausgehärtet ist. Deshalb mussten wir das gleich machen", erklärte Peter Treff von der DLRG. Heute bleibt das Schwimmbad noch geschlossen, aber morgen hofft Andrea Jagata, wieder Badegäste begrüßen zu können. Auch die Firma Maschinenbau Wendt im Horstsiek war von dem Regen stark betroffen. Entlang der Werkstatt, zwischen dem Firmengelände und dem Feuerwehrhaus, verläuft ein Regenwasserkanal, der sich am Dienstag in einen reißenden Fluss verwandelte. "So was habe ich noch nie gesehen. Von dem angrenzenden Feld sind Erde, Stroh und sogar Flachten (Ladebordwände von landwirtschaftlichen Fahrzeugen, d.Red.) hierher runtergespült worden. Die Flachten und Strohmassen versperren dann natürlich die Abläufe und nichts geht mehr", sagte Friedhelm Liewack, Leiter des Bauamtes der Gemeinde Auetal, der seinen Urlaub unterbrochen hat, um am Dienstag zu helfen, und gestern mit seinen Mitarbeitern die Schäden aufgenommen hat. Über einen Meter hoch stand das Wasser an der Hauswand der Maschinenbaufirma. Nur wenige Zentimeter mehr, und es wäre durch die Fenster in die Fertigungshalle geflossen. Besonders schlimm hat der Regen auch in der Karlstraße gewütet. Hier ist ein Kanalrohr durch den Wasserdruck zusammengebrochen. Das Wasser suchte sich seinen Weg und hob vor den Häusern 11 und 13 sogar das Pflaster an. Etwas tiefer brach der bituminöse Seitenstreifen weg, und ein dort geparkter Kleintransporter rutschte in den dadurch entstandenen Graben. Nur mit Hilfe eines Kranwagens konnte er aus der Schieflage befreit werden. "Ich wohne hier seit 60 Jahren, aber so etwas hat es noch nie gegeben", sagte Siegfried Jeroch aus dem Haus Karlstraße 11. Sein Nachbar Friedhelm Büthe sucht nach Erklärungen: "Früher haben die Landwirte ihre Felder immer 40 Zentimeter tief und vor allem quer gepflügt. Heute werden die Felder nur noch gerubbelt, und da kann dann das Regenwasser nicht versickern." "Hier ist seit dem letzten starken Regen ein Kanalrohr zertrümmert, und trotz mehrmaliger Anrufe bei der Gemeinde wurde das noch nicht repariert. Dadurch sind bei uns die Keller und Garagen vollgelaufen", schimpft Jürgen Bredemeier aus der Karlstraße. "Das kann nicht sein. Das ist längst erledigt", entgegnete Liewack. Bredemeier tritt schließlich den Beweis an. Er lässt Wasser aus einem Schlauch in den Gully fließen. Das Wasser drückt sofort hoch und läuft nicht im Kanal, sondern am Straßenrand entlang. In Borstel wurde am Dienstag zum fünften Mal in diesem Jahr die Borsteler Straße überschwemmt. Dadurch liefen Regen- und Schmutzwasser in die Keller der Anwohner. "Das Schlimmste ist, dass wir nicht nur Wasser im Keller haben, sondern den ganzen stinkenden Dreck aus dem Schmutzwasserkanal. Den Geruch bekommt man tagelang nicht aus dem Haus", schimpfte Rudolf Kuhlmann. Überall seien die Schmutzwasserkanäle mit Deckeln verschlossen, nur nicht an der Borsteler Straße. "Wir kämpfen seit 20 Jahren um eine Sanierung des Kanals und der Straße und nichts passiert. Weder die Gemeinde noch der Landkreis tun wirklich etwas. Wozu zahlen wir eigentlich Steuern?", so Kuhlmann wütend. In dem Bereich Borsteler Straße/Mühlenstraße laufen zwei 30er Rohre in ein 40er Rohr. "Ichhabe zwar nicht studiert, aber dass das nicht gehen kann, ist doch wohl jedem klar", so Kuhlmann. Da sich die große Lösung der Straßen- und Kanalsanierung noch etwas hinziehen kann, fordert er eine kleine Lösung vorzuziehen. "Man müsste nur auf den letzten 70 Metern den Kanal erneuern und ein 100er Rohr verlegen. Da der Kanal ohnehin neben der Straße verläuft, wäre das doch kein Problem", meint Kuhlmann. "Wir prüfen gerade mit Hilfe eines Ingenieurbüros, ob die kleine Lösung machbar und sinnvoll ist. Das geht aber nicht von heute auf morgen. Eine vorgezogene Maßnahme ist aber geplant", sagte Bürgermeisterstellvertreter Karl-Heinz Büthe dazu. Genau wie Liewack war er am Dienstag in Borstel und Rolfshagen unterwegs, um sich ein Bild von der Situation zu verschaffen und Bürgermeister Thomas Priemer zu informieren, der zurzeit im Urlaub ist. "Ich kann die aufgeregten Bürger und deren Wunsch nach mehr Wasserschutz verstehen. Die Gemeinde arbeitet daran", sagte Büthe. Das Wasser komme aber nicht aus irgendwelchen Kanälen, sondern es laufe einfach von den Hängen, die landwirtschaftlich genutzt werden. "Noch vor kurzem sprach man von Jahrhunderthochwasser, und jetzt scheint das bereits zum Alltagsproblem zu werden. Wir sind dabei, werten Schwachstellen aus und suchen nach Lösungen, aber hier sind auch die Einwohner gefragt", so Büthe. Einige pfiffige Rolfshagener haben das bereits erkannt und holten sich gestern, als eigentlich alles vorbei war, bei der Feuerwehr Sandsäcke, füllten sie und fuhren sie in Schubkarren ab. "Der nächste Regen kommt bestimmt, und dann will ich vorbereitet sein", sagte ein Bürger im Vorbeigehen schmunzelnd.

8 Bilder
Reinhard Hilker von der Gemeinde reinigt den Schwallwasserbehälter im Freibad.



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