Vor Gericht: Ersatzdroge in Wasserflasche gefüllt / Opfer landet auf Intensivstation: Lebensgefahr
Ahnungsloser Partygast greift zu Methadon
Landkreis (ly).
Eine Grillparty im Spätsommer. Durstig mixt sich einer der Gäste aus Mineralwasser und Orangensaft ein erfrischendes Getränk, nimmt einen kräftigen Schluck. Dem Mann geht es anschließend immer schlechter, nach einer Stunde muss er ins Krankenhaus. Krampfanfall, Atemstillstand, Intensivstation: Die Ärzte kämpfen um das Leben des Patienten - und gewinnen. Was die Mediziner am Anfang noch nicht wissen: In der Mineralwasser-Flasche war die Ersatzdroge Methadon. Dies hatte der Gastgeber der Party bis zuletzt verschwiegen.
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Wie ein Häufchen Elend saß der 40 Jahre alte Mann, ein Schaumburger Arzthelfer, jetzt auf der Anklagebank des Bückeburger Amtsgerichts. Der Vorwurf: fahrlässige Körperverletzung und unterlassene Hilfeleistung. Das Urteil: 900 Euro Geldstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. Als Auflage muss der zwischenzeitlich gekündigte Arzthelfer dem Opfer zwei Jahre lang monatlich 50 Euro zahlen.
Mit dieser Entscheidung, einer Verwarnung mit Strafvorbehalt, folgte das Gericht dem Antrag von Verteidiger Dr. Volkmar Wissgott. Anhängig ist allerdings noch eine Zivilklage, in der es um 15
000 Euro Schmerzensgeld geht.
"Eigentlich wollte ich Buchhändler werden", sagt der Angeklagte. Dann wurde er Arzthelfer, "und das war ein großer Fehler". Denn der Schaumburger, seit Jahren abhängig von Medikamenten, hatte Zugang zu Methadon. Im Keller legte er sich für den eigenen Bedarf in leeren Mineralwasser-Flaschen einen geheimen Vorrat der Ersatzdroge an. Dann kam jene verhängnisvolle Grillparty, und die ahnungslose Frau des 40-Jährigen stellte eine der Flaschen auf den Tisch. Im Rückblick tut es dem Arzthelfer, der von einer "Tragödie" spricht, "unendlich leid".
Offenbar aus Angst vor seiner Familie hatte der Täter damals "nicht die Kraft", die Wahrheit zu sagen und vor allem das Krankenhaus zu informieren, dass eine Methadon-Vergiftung vorliegt. "Deshalb mussten die Ärzte erst herumprobieren, woran es gelegen hat", so Richter Armin Böhm. Kostbare Zeit ging verloren. Erst nach knapp zwei Wochen konnteder Patient entlassen werden, zehn Tage davon hatte er auf der Intensivstation gelegen.
"Wenn dieÄrzte nicht so schnell die richtige Entscheidung getroffen hätten...", mochte sich Opfer-Anwalt Oli
ver Theiß kaum ausmalen, wie diese "tragische Geschichte"
(Böhm) im schlimmsten Fall ausgegangen wäre - tödlich.