Untersuchungen: Wie ist der Zustand der Bahnbrücken in Springe?
Mehr als 25000 Eisenbahnbrücken gibt es in Deutschland. Etwas weniger als die Hälfte davon – knapp 11000 – sind mehr als 100 Jahre alt. Kein Wunder also, dass es auch in Springe welche gibt, die unter Beobachtung stehen.
Sämtliche Eisenbahnbrücken werden von der Deutschen Bahn alle drei Jahre inspiziert und einmal im Jahr im Rahmen einer Begehung in Augenschein genommen. Wie alle anderen Anlagen, muss auch diese große Menge an Brücken kontinuierlich modernisiert, saniert und instand gehalten werden, teilt eine Bahnsprecherin auf Anfrage mit. Die Modernisierung einer Bahnbrücke dauert in der Regel mehrere Jahre. Dabei spielen auch die Genehmigungsplanung (Vorbereitungen) sowie die anschließenden Inbetriebnahmeprüfprozesse (Nachbereitung) eine Rolle.
Im Bereich der Stadt Springe und ihren Ortsteilen sind akut zwar keine Brücken in der „schlechtesten“ Zustandskategorie 4, allerdings gibt es mehrere in der vorletzten Kategorie 3. Die Zustandskategorie legt fest, ob erst einmal in die Instandhaltung investiert wird oder ein Ersatzneubau geplant werden sollte.
Kategorie 3 sagt laut Bahn aus: „Erneuerungsmaßnahmen sind zu prüfen“. Zwei von diesen Brücken kreuzen die Hiddestorfer Straße in Lüdersen. Beide Bauwerke sind im Jahr 1913 „aktiviert“ worden und demnach bereits mehr als 100 Jahre alt. Das Wort Aktivierung meint in diesem Zusammenhang nicht unbedingt das Baujahr. Die Bahn erklärt es so: „Im Zuge der digitalen Bestandsaufnahme sämtlicher Brückendaten wurde für die meisten Brücken, die bis zum Jahr 1927 gebaut und in Betrieb genommen wurden, das Jahr 1927 als ‚Aktivierungsjahr‘ eingesetzt. Die Datenbasis wurde aber aktualisiert, sodass künftig auch für diese Brücken das exakte Baujahr abgerufen werden kann.“
Foto: DIALOG
In Springe keine Brücken in Kategorie 4
Bei der Einfahrt nach Lüdersen von Linderte und Hiddestorf aus kommend, trifft man zunächst auf eine Stahlbrücke, die über die Straße führt. Am Ortsausgang Richtung Bennigsen wiederum führt ein Walzträger in Beton (WiB) über die Hiddestorfer Straße. Ein Walzträger in Beton ist der Name für eine Verbundbauweise im Brückenbau für kurze Überbauten. Im Gegensatz zu der vor Ort gegossenen Stahlbetonbrücke erfordern WiB-Brücken keine tragende Schalung (Lehrgerüst). Sie können über einem Verkehrsweg errichtet werden, ohne diesen für den Bauzeitraum sperren zu müssen.
An den beiden Brücken in Lüdersen wird so schnell allerdings erst einmal nichts passieren. Dafür müssten sie zunächst eine Kategorie nach unten rutschen und auch dort können sie noch zwischen 4 und 15 Jahren oder sogar länger bleiben. Das hängt immer vom individuellen Schadensbild ab. „Die betriebliche Sicherheit jeder einzelnen Brücke ist damit gewährleistet“, erklärt die Bahnsprecherin. Bei Bedarf würde auch ein Gutachten von externen Sachverständigen eingeholt. Selbst Brücken, die in die schlechteste Zustandskategorie eingeteilt werden, seien für die Nutzung sicher und weiterhin im Betrieb. Sonst würde dieser gar nicht zugelassen werden. In die Zustandskategorie 4 fielen außerdem aktuell auch nur vier Prozent aller Brücken in Deutschland.
Baustellen möglichst gebündelt abarbeiten
Zusätzlich zieht die Deutsche Bahn verschiedene Aspekte heran, um eine Reihenfolge der Brücken zu erstellen, die als nächstes abgearbeitet werden müssen. Neben der Zustandskategorie werden auch die Entwicklung des technischen Zustandes, die Belastung der Strecke – wie die Anzahl an Zügen pro Tag oder die Geschwindigkeit, die in diesem Bereich der Strecke erlaubt ist – und weitere betriebliche Belange berücksichtigt.
Eine weitere 3er-Brücke befindet sich kurz vor dem Ortseingang von Völksen aus Richtung Eldagsen kommend und damit auch kurz vor dem dortigen Bahnhof. Auch für diese Brücke gibt es aktuell noch keine weiteren Planungen, auch sie steht erst einmal nur unter Beobachtung. In der Regel versuche die Bahn möglichst viele Baustellen in einer Region gebündelt abzuarbeiten, um so auch die Beeinträchtigung für Kunden so gering wie möglich zu halten. Es könnte also gut sein, dass dann die Arbeiten an der Strecke von Lüdersen nach Völksen auch gebündelt vorgenommen werden. Ähnlich war es im Jahr 2017 in Hannover passiert, als insgesamt drei Brücken auf der Strecke Wunstorf-Lehrte erneuert worden sind.
Auch einige neuwertige Brücken in Springe
Es gibt aber auch noch neuwertige Brücken in Springe, die in die Zustandskategorie 1 fallen und an denen „keine Maßnahmen erforderlich“ sind. Eine davon liegt tatsächlich auch in Lüdersen – genau zwischen den beiden oben beschriebenen Brücken in der Feldmark. Diese Stahlbrücke ist erst 2010 aktiviert worden und bedarf daher auch noch keiner Maßnahmen. Aber ein paar hundert Meter weiter entfernt, kurz hinter dem Ortsausgang von Bennigsen, führt eine kleine Gewölbebrücke über den Hüpeder Bach. Diese ist bereits aus dem Jahr 1930 und offensichtlich auch noch so gut in Schuss, dass sie in besagte Kategorie 1 fällt.
Und wer bezahlt die ganzen Instandhaltungs- und Ersatzneubaumaßnahmen? Seit 2009 gilt für die Finanzierung der Sanierung und Modernisierung der Eisenbahnbrücken die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung II (LuFV II). Von 2015 bis 2019 hat die Bahn dadurch knapp 28 Milliarden Euro investiert. In diesem Zeitraum wurden knapp 1000 Brücken saniert. Seit dem 1. Januar 2020 ist mit dem LuFV III die Nachfolgefinanzierung in Kraft getreten. Hierbei sollen von 2020 bis 2029 rund 86 Milliarden Euro in den Erhalt und die Modernisierung des bestehenden Schienennetzes investiert werden.